Gedanken zum Pfingstfest

Seit zwei Wochen feiern wir wieder gemeinsam Gottesdienst – sehr bescheiden und zaghaft haben wir begonnen. Es mag sein, dass diese äußeren Umstände durchaus dem entsprechen, was wir in unserem Herzen empfinden. Diese lange Zeit der Isolation, der Einschränkung, der Machtlosigkeit hat viele verunsichert. War es nicht so, dass wir in vielen Bereichen unseres Lebens den Eindruck hatten, wir haben die Sache im Griff, da kann uns nichts passieren? Jetzt erleben wir unsere Welt ganz anders, erleben wir uns selbst ganz anders. Da ist nicht viel geblieben von der vermeintlichen Sicherheit.

Die Osterzeit ist dieses Jahr ganz stark von diesen Erfahrungen mitgeprägt worden. Ich meine, dass wir gerade dadurch einen wesentlichen Charakter der österlichen Zeit viel bewusster wahrnehmen konnten. Ostern ist kein Triumphzug ohne Wenn und Aber, keine Demonstration einer absoluten Sieges- und Heilsgewissheit – so ganz nach dem Motto: Uns kann nichts mehr passieren!

In dieser Hinsicht gleichen die Apostel von damals der Kirche von heute. Die auferlegte Distanz, die eigene Vorsicht und Besorgnis, die uns Abstand halten lässt, die fehlenden Kontakt- und Begegnungsmöglichkeiten – das ist nicht nur eine Anfrage an unsere materiell-weltlichen Sicherheiten, das stellt auch unsere Überzeugungen gründlich in Frage und es kratzt möglicherweise an unserem Glauben.

Am Ende der Osterzeit feiern wir Pfingsten und gehen damit noch einmal an den Anfang der Apostelgeschichte. Mit einer bekannten Lebensweisheit könnte man sagen: Das Beste kommt zum Schluss. Die Bitte um die Kraft des Heiligen Geistes ist die entscheidende und die radikal verändernde Ausrichtung, die uns als Kirche nicht nur jetzt dringend nottut. Der Heilige Geist ist Gabe Gottes und er ist Gott selbst. Wer um den Heiligen Geist bittet, der öffnet sich dem heilenden Wirken Gottes.

Der mittelalterliche Mystiker Meister Eckhart hat einmal einen interessanten Vergleich gezogen, in welcher Weise Menschen vor Gott treten und was sie von ihm erwarten: „Manche Menschen wollen Gott mit den Augen ansehen, mit denen sie eine Kuh ansehen. Sie wollen Gott lieben, wie sie eine Kuh lieben. Die liebst du wegen der Milch und des Käses und deines eigenen Nutzens. So halten’s alle jene Leute, die Gott um des äußeren Reichtums oder des inneren Trostes willen lieben. Die aber lieben Gott nicht recht, sondern sie lieben ihren Eigennutz.”

Es geht darum, dass wir Gott nicht wegen seiner Gaben suchen und lieben, sondern dass wir den Geber lieben. Der frühere Bischof von Limburg, Franz Kamphaus, sagt dazu: „Der Heilige Geist ist nicht ein Ding, das ich gebrauchen kann wie Käse und Milch. Ich kann ihn auch auf frommem Wege nicht machen. Es gibt keine kirchlichen Fabriken, die ihn produzieren. Wir sind weder Macher noch Verbraucher des Geistes. Aber wir dürfen ihn empfangen.“ Gottes Geist empfangen, sich von ihm beschenken lassen – darin besteht die Kunst, Pfingsten zu feiern.

Paulus Manlik O.Praem.
Pfarradministrator in Arnreit
Religionslehrer am BG/BRG Rohrbach