Drei Gedanken zum Palmsonntag
Der Einzug Jesu in Jerusalem auf einem Esel (Mt 21,1-11):
Die Menschen jubeln Jesus mit Palmzweigen zu. Jesus kommt auf einem Esel, dem ganz gewöhnlichen Lasttier der armen Leute. Jesus steht also als „König“ auf der Seite der Armen. Ein Esel ist ein einfaches Tragtier, das die Lasten anderer schleppt. Ich denke dabei an die vielen Menschen, die wie „Esel“ – oft auch ein Schimpfwort – die Lasten anderer Menschen auf sich nehmen, ihre Mühsal, ihre Krankheiten, ja selbst die Last des Todes. In unserer derzeitigen Situation sind wir besonders den vielen unermüdlichen Helfern dankbar, die trotz großer Ansteckungsgefahr die Last auf sich nehmen, Mitmenschen zu versorgen und für sie da zu sein.
Am Palmsonntag werden mitgebrachte Palmzweige geweiht und anschließend als Segensbitte um Kraft, Versöhnung und Schutz der Familien in den Herrgottswinkel gestellt oder als Segensbitte um eine gute Ernte auf die Felder gesteckt. Da denke ich an die vielen Bauern und Menschen, die durch ihren Dienst dafür sorgen, dass wir alle satt werden.
Das dritte ist das Wissen darum, dass Palmzweige verbrannt werden. Mit dieser Asche haben wir uns am Aschermittwoch ein Kreuz auf die Stirn zeichnen lassen mit dem Wort: „Bedenke, Mensch, dass du Staub bist!“ Dieses Wort erinnert uns an unsere Vergänglichkeit.
Wie schmerzvoll erfahren wir in diesen Tagen die Zerbrechlichkeit des Lebens und unsere Ohnmacht dagegen anzukämpfen. Aber wir dürfen auch erleben, wie sehr die Menschen sich in der Krise vieler Werte neu bewusst werden. Wir sehen nicht nur die Brüchigkeit, sondern auch Aufbruch: Es gibt Anzeichen für ein neues Miteinander. Es ist mit Dankbarkeit zu sehen, wie Politiker, Ärzte, PflegerInnen, Rotes Kreuz und viele andere sich für die materiell und seelisch Notleidenden einsetzen. Es gibt Hoffnung, wie Menschen trotz Abstand eine neue Verbundenheit entdecken.
Deshalb sehe ich im Blick auf das Kreuz und in der Hoffnung auf Ostern eine Kraftquelle in dem Wort: „Bedenke, Staub, dass du vor allem Mensch bist!“ Bedenke, du endliches Wesen, dass du Gottes Ebenbild bist, dass du göttlichen Atem in dir trägst, dass du von Gott geliebt und gesegnet bist; bedenke, dass du glauben, hoffen und lieben kannst, dass du Mitmensch sein kannst für andere.
Ich gehe sehr gerne auch schon in diesen Tagen, noch vor dem Aufblühen der Natur, in den Schöpfungsgarten – ein Geschenk der Landesgartenschau. Nach dem Staunen über die Schöpfung Gottes, dem Innehalten, gehe ich den „Weg der Schöpfungsverantwortung“. Da können wir lesen, vor welchen Herausforderungen und Entscheidungen wir heute stehen: unterwerfen oder achten – verhärten oder umkehren – zerstören oder verwandeln. Da tut sich in diesen Tagen gewiss die Frage auf: Wird die Welt nach der Krise eine andere sein?
Am Ende des Weges darf ich den Psalm beten: „Herr, was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, du hast ihn gekrönt mit Pracht und Herrlichkeit.“ (Psalm 8).
Abt em. Martin Felhofer