Predigt zu Christi Himmelfahrt

Liebe Schwestern und Brüder

Da schaut auch ihr, gebannt und fixiert, aber bevor er ankommt, werdet ihr aus den Träumen gerissen: Wacht auf, da sind wir – so wie mancher Lehrer einen Schüler aufwecken muss, der weggedriftet und abgetaucht ist in seinen Gedanken. Und ähnliches gibt es immer wieder, dass wir uns ausklinken aus der Realität, dass wir uns fixieren, nichts anderes mehr in den Blick nehmen.  Ich denke besonders an Familien, denen ein Kind, eine Mutter durch eine schwere Krankheit genommen wurde, an ihre Trauer und ihre Not, wie es gehen soll ohne den Geliebten. Ich denke an junge Menschen, die trotz ihrer ganzen Hoffnung und Freude in einer jungen Beziehung nicht die unüberwindlichen Hindernisse sehen wollen, sondern fixiert bleiben, wenn der andere fortgeht, oder in einem aufstrebenden Betrieb durch die Corona-Krise nicht flexibel sein können und die Hoffnung aufgeben, dass sich ein anderer Weg findet, in einem gutgehenden Hof den eigenen Lebenssinn dahinschwinden sehen, wenn der Erbe keine Partnerin findet. Fixierungen, sich versteifen, sich hineinträumen  in eine virtuelle Wirklichkeit, sich darin verlieren oder gar einen unüberlegten Schritt tun, der dann erst recht alle Wege in eine mögliche Zukunft verbaut.

Da braucht es dann einen Engel oder gar zwei, wie bei den Aposteln im heutigen Evangelium. Die sind ja ebenfalls ganz in Bann, als sich Jesus ihnen entzieht. Lange nachschauen, ja, sich erinnern, was da war, was dieser Mensch mir bedeutet hat, das ist gut und notwendig, aber dann auch wieder aufwachen, sich aufwecken lassen: Was soll ich nun, wo bin ich denn, hier auf der Erde, da ist dein Platz und da ist eine  Aufgabe, da ist vielleicht ein ungeschriebenes Testament zu entdecken oder ein Wort, das im Herzen hängen geblieben ist. Oder jetzt nach dem Durchleben in der Krise entdecken, dass es so wie es war, nicht weitergeht, in vielen Bereichen, dass wir verspüren, was wir wirklich brauchen und was uns gut tut. Merken, dass es auch anderes geht. Die alte Normalität ist den Aposteln genommen. Aber sie wurden erinnert: Wacht auf, ihr habt einen Auftrag von mir bekommen. Was ihr von mir gelernt und  gesehen habt, weitergeben, sein Wort, seine Liebe.

Heute ist es die neue Solidarität, die uns und der gesamten Welt, aufgegeben ist und die nur jetzt  durch die Pandemie aktueller, brennender und sichtbarer wird als Auftrag, jedem einzelnen in der Sorge umeinander, v.a. in der Politik und der Wirtschaft neue Wege zu gehen, damit der Blick in den Himmel für die Armen und vom Wohlstand Ausgegrenzten nicht verschoben werden muss auf nach dem Tod, nach dem irdischen Elend.

Beim Fest der Himmelfahrt geht es um die Erde und um den Himmel. Den Himmel vor Augen können wir uns um die Erde kümmern, um alles und jeden, denn Gott liebt die Erde und alles auf ihr. Und dem können wir uns deshalb ohne Sorge dabei selbst zu kurz zu kommen widmen.

Der Blick in den Himmel ist wichtig, der Gottesdienst, das Gebet, die lebendige Beziehung zum Herrn, der uns seinen Beistand versprochen hat. Das ist ein Rückhalt, wie ihn nur das Geliebt sein geben kann, der uns hilft, trotz widerständen immer wieder den Blick auf das Hier und heute zu richten.

Amen.

Wolfgang Groiss
Pfarrer in Aigen-Schlägl